128. Abgeordnetenversammlung des SSB in Heiden


Veränderungen nehmen Fahrt auf

Erst strahlender Sonnenschein, danach Gewitter und Hagel, und am Ende wieder ein Lichtblick.

Fast schien es, als ob sich das Wetter der Stimmung und dem Verlauf der 128. Abgeordnetenversammlung sowie der 11.Stiftungsversammlung der Stiftung Henry Dunant des SSB in Heiden (AR) angepasst hätte. Die 240 anwesenden Delegierten haben in Heiden alle statutarischen Geschäfte angenommen. Der Zentralvorstand ist erstmals seit zwei Jahren wieder vollzählig.

Es war jedoch im Vorfeld der AV – ausgelöst durch die Kündigungen von Mitarbeitenden des Zentralsekretariats – von besorgten Stellen zu einem Austausch zwischen dem Zentralvorstand, den Kantonalverbänden sowie den Instruktorinnen und Instruktoren gekommen. In diesem wurde deutliche Unzufriedenheit über gewisse Vorgänge innerhalb des Samariterbunds zum Ausdruck gebracht.

Zentralpräsidentin Monika Dusong hatte deshalb noch vor offiziellem Beginn der AV die Erklärung abgegeben, dass die Leitung des Zentralsekretariats die Strukturen der gesamten Organisation so schnell wie möglich einer weitreichenden Analyse unterziehen und daraus resultierende nötige Umstrukturierungen vornehmen wird.

Dem vorausgehend fand Monika Dusong in ihrer Eröffnungsansprache viele wertschätzende Worte für die Kantonalverbände und Samaritervereine, die aufgrund der tiefgreifenden Veränderungen im Bereich der Aus- und Weiterbildung für die Kursleiterinnen und Kursleiter, sowie der Anpassungen im Lehrmittel ein bewegtes Jahr hinter sich haben. «Der Schweizerische Samariterbund befindet sich in einem intensiven Innovationsschub», sagte die Präsidentin, «und die Veränderungen nehmen nun erst richtig Fahrt auf». Diese Veränderungen würden die Samariterinnen und Samariter jedoch dazu ermächtigen, zukünftig im hart umkämpften Ersthelfermarkt besser bestehen zu können und mit ihren Angeboten auch neue Mitglieder für die Vereine gewinnen zu können.

Kontinuierliche Weiterentwicklung
Bei den anschliessenden Grussworten der geladenen Gäste nahmen viele mit grosser Anerkennung Bezug auf die Innovationsfähigkeit der Samariterinnen und Samariter, die sich im Laufe der Zeit immer wieder den veränderten Bedürfnissen der Gesellschaft angepasst hätten. Sie würden dabei stets die Werte der Rotkreuzgrundsätze hochhalten, «die Würde der Menschen achten und dabei Grossartiges leisten», sagte etwa Matthias Weishaupt, Landammann von Appenzell Ausserrhoden. Hansjörg Ritter, Präsident des Vereins Dunant 2010plus, stellte das Projekt «Friedensstation.ch» vor, das an wichtige Personen erinnert, die Henri Dunant, den Mitgründer des Schweizerischen Roten Kreuzes, in seiner Arbeit unterstützt haben. Danach lud Heidens Gemeindepräsident Gallus Pfister die Teilnehmenden der AV ein, noch etwas länger im schönen Kurort mit Blick auf den Bodensee zu verweilen, bevor Monika Dusong die beiden Versammlungen offiziell einberief.

Knappe Abstimmungsergebnisse
In einem ersten Schritt stimmten die Abgeordneten in Heiden einstimmig sämtlichen Anträgen und statutarischen Geschäften der 11.Stiftungsversammlung der Stiftung Henry Dunant des SSB zu. Bei der anschliessenden Präsentation des Rechenschaftsberichts 2015 hoben die Präsidentin und der Zentralvorstand die Fortschritte und den Stand der Dinge der vier wichtigsten Vorhaben noch einmal hervor, die derzeit parallel laufen: die neuen Lehrgänge für die Ausbildungskader, die neuen Kaderfunktionen für die Samariterjugend-Gruppen, die Erarbeitung des neuen digitalen Lehrmittels für die Bevölkerungskurse und das Projekt Schulsamariter.

Weder beim Rechenschaftsbericht noch bei der Jahresrechnung 2015 des SSB erfolgten Wortmeldungen oder wurden Fragen gestellt. Dennoch zeigte sich bei der anschliessenden Abstimmung ein ungewöhnliches Bild: Der Rechenschaftsbericht 2015 wurde mit 134 Ja zu 103 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen angenommen, die Jahresrechnung 2015 erhielt mit wenigen Enthaltungen ohne Gegenstimmen die Zustimmung der Delegierten, und die Entlastung des Zentralvorstands wurde mit 127 Ja zu 107 Nein-Stimmen bei 6 Enthaltungen knapp erteilt.

Da vor den Abstimmungen keine spezifische Diskussion stattgefunden hatte, kann derzeit keine Aussage über die Gründe für diese knappen Abstimmungsergebnisse gemacht werden.

Tätigkeitsprogramm 2017 angenommen
Ein ganz anderes Bild zeigte sich am Nachmittag, als das Tätigkeitsprogramm 2017 sowie das Rahmenbudget 2017 vorgestellt wurden. Zuvor zeigte sich SRK-Präsidentin Annemarie Huber-Hotz in ihrem Grusswort beeindruckt von der «Agilität und Anpassungsfähigkeit» der Samariterinnen und Samariter und hob hervor, dass eine intensive Zusammenarbeit zwischen dem SRK und dem SSB es beiden Organisationen ermöglichen würde, sich «noch mehr und noch besser um bedürftige, schwache oder kranke Menschen zu kümmern». Gleichzeitig würden sich beide Organisationen intensiv mit der Frage auseinandersetzen, wie man diese Tätigkeiten auch weiterhin mit Freiwilligen ausüben könne.

Nach weiteren Ansprachen von Anita Tschaggelar, Leiterin des Blutspendemanagements bei Blutspende SRK Schweiz, sowie Marlis Höhrler, SRK-Präsidentin beider Appenzell, erfolgte dann die Präsentation des Tätigkeitsprogramms 2017. Dazu wurden von Seiten der Delegierten verschiedene Fragen gestellt etwa zum Stand der Verhandlungen zwischen dem SSB und dem Bundesamt für Strassen (Astra) bezüglich der Zertifizierung des Nothelferkurses für Fahrausweisbewerber. Zentralsekretärin Regina Gorza informierte über die Verzögerung beim Entscheid, ob dieser Kurs zukünftig weiter vom Astra oder neu vom Interverband für Rettungswesen (IVR) zertifiziert wird. Anfang Juli werde sich der SSB erneut mit dem Astra treffen und eine Lösung aushandeln, die sicherstellt, dass den Samaritervereinen kein zusätzlicher finanzieller Aufwand im Vergleich zur heutigen Situation entsteht. Das Zentralsekretariat wird die Kantonalverbände und Samaritervereine informieren, sobald eine schriftliche Vereinbarung zu diesem Punkt vorliegt.

Das Tätigkeitsprogramm 2017 wurde nach der Fragerunde von den Abgeordneten mit wenigen Enthaltungen und ohne Gegenstimmen angenommen. Und auch das Rahmenbudget 2017 wurde im gleichen Rahmen akzeptiert. Dabei darf erwähnt werden, dass der Aktivmitgliederbeitrag für 2017 unverändert bei 4 Rappen pro Einwohner der ständigen Wohnbevölkerung bleibt. Quästor Dieter Göldi erwähnte in seiner Präsentation aber auch, dass im vorgelegten Rahmenbudget die Erträge aus den Kursabgaben analog dem Detailbudget 2016 übernommen wurden. Eine Aufteilung nach den einzelnen Kursen sei aus heutiger Sicht nicht möglich, da noch nicht abgeschätzt werden könne, welche der 23 Kurse der IVR-Stufen 1-3 von den Kantonalverbänden und den Samaritervereinen angeboten werden.

Zentralvorstand wieder vollzählig
In einem weiteren Schritt konnte der seit einem Jahr vakante Sitz im neunköpfigen Zentralvorstand wieder besetzt werden: Rolf Imhof ist Präsident des Regionalverbands Emmental und übte bis vor kurzem das Amt des Beauftragten für Jugendarbeit des Kantonalverbands Bernischer Samaritervereine aus. Er wurde von Seiten der Delegierten mit einer begeisterten Akklamation für den Rest der Amtsperiode 2013 - 2017 gewählt. Per 2017 stehen für den SSB-Zentralvorstand dann Gesamterneuerungswahlen an.

Trotz dieser positiven Neuigkeit endete die AV mit einem Misston. Unter dem Punkt Varia wurde die Mitteilung eines Ausbilders ZO verlesen. In harten Worten legte er darin seine Ansichten über die Notwendigkeit einer umfänglichen Analyse der Leitungsstrukturen sowie über den fehlenden Willen zur Umgestaltung der Organisation dar und forderte den sofortigen Rücktritt der Zentralpräsidentin und der Zentralsekretärin.

In einer Replik drückte die Präsidentin Monika Dusong wie auch Renato Lampert im Namen des Zentralvorstands ihr Unverständnis über die Wahl der Worte und die Wahl des Gremiums für dieses Votum aus, auch da im Vorfeld der Versammlung den Delegierten schnelle Massnahmen zugesichert worden waren. Das Votum wurde im Anschluss von den Delegierten nicht weiter diskutiert.

Einsiedeln 2017
Mit einem grosses Dankeschön an Thomas Brocker, Präsident des gastgebenden Kantonalverbands beider Appenzell und SSB-Ehrenmitglied, sowie den vielen Helferinnen und Helfer, die den Anlass im Kursaal in Heiden zu einem angenehmen und gut organisierten Aufenthalt gemacht haben, schloss Monika Dusong die Abgeordnetenversammlung. Die nächste Versammlung wird 2017 in Einsiedeln stattfinden.

Sonja Wenger